Der Trost von Fremden by Ian McEwan

Der Trost von Fremden by Ian McEwan

Autor:Ian McEwan [Ian McEwan - Der Trost von Fremden]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-01-13T23:00:00+00:00


Mary entschuldigte sich, und sowie sich die Türen an jedem Ende der Galerie geschlossen hatten, füllte Robert Colins Glas nach und steuerte ihn behutsam am Ellbogen um die Möbel herum, dorthin, wo sie die Länge der Galerie unbehindert abschreiten konnten. Ohne Colins Ellbogen ganz loszulassen, erklärte Robert verschiedene Besonderheiten der Sachen seines Vaters und Großvaters; ein berühmter Kunstschreiner hatte diesen unbezahlbaren Ecktisch mit den einzigartigen Intarsien - sie waren davor stehengeblieben, und Robert strich mit der Hand über die Platte - für seinen Großvater angefertigt, als Gegenleistung für eine Rechtshilfe, die den Ruf der Tochter des Handwerkers gerettet hatte; wie die düsteren Gemälde an der Wand - die zuerst sein Großvater gesammelt hatte – in Verbindung standen mit bestimmten berühmten Schulen, und wie sein Vater nachgewiesen hatte, daß gewisse Pinselstriche unleugbar die eines Meisters waren, der zweifellos dem Werk eines Gehilfen die Richtung wies. Dies - Robert hatte eine kleine graue Nachbildung einer berühmten Kathedrale hochgehoben - sei aus dem Blei einer einzigartigen Mine in der Schweiz gemacht. Colin mußte das Modell mit beiden Händen halten. Roberts Großvater, so erfuhr er, hatte mehrere Anteile an der Mine besessen, die zwar bald ausgebeutet war, deren Blei aber kein anderes auf der Welt gliche. Die Statuette, aus einem der letzten aus der Mine gegrabenen Stücke gemacht, war von seinem Vater in Auftrag gegeben worden. Sie gingen weiter, Roberts Hand berührte Colins Ellbogen, ohne ihn ganz zu fassen. Das sei Großvaters Siegel, dies sein Opernglas, das auch Vater benutzte und mit dem beide Männer Premieren oder denkwürdige Aufführungen verfolgt hatten - und hier listete Robert mehrere Opern, Sopranistinnen und Tenöre auf. Colin nickte und spornte ihn zumindest anfänglich noch mit interessierten Fragen an. Doch das war unnötig. Robert führte ihn zu einem kleinen, geschnitzten Mahagonibücherschrank. Er enthalte Vaters und Großvaters Lieblingsromane. Alle diese Bücher seien Erstausgaben und trügen den Stempel eines berühmten Buchhändlers. Ob Colin das Geschäft kenne? Colin sagte, er habe davon gehört. Robert hatte ihn zu der Kredenz an der Wand zwischen zwei Fenstern gebracht. Robert stellte sein Glas ab und ließ die Hände neben sich fallen. Er verharrte schweigend, den Kopf wie im Gebet gesenkt. Colin stand respektvoll einige Schritt entfernt und betrachtete die Gegenstände, die ihn an so ein Kindergeburtstagsspiel wie »Kofferpacken« erinnerten.

Robert räusperte sich und sagte: »Diese Dinge benutzte mein Vater täglich.« Er machte eine Pause; Colin beobachtete ihn gespannt. »Kleinigkeiten.« Erneutes Schweigen: Colin fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, und Robert starrte gebannt auf die Bürsten, Pfeifen und Rasiermesser.

Als sie schließlich weitergingen, sagte Colin leichthin: »Ihr Vater ist sehr wichtig für Sie.« Sie langten wieder beim Eßtisch an, bei der Champagnerflasche, die Robert in ihre Gläser leerte. Dann bugsierte er Colin in einen der Lederarmsessel, blieb selbst aber so stehen, daß Colin unangenehm ins Licht des Kronleuchters blinzeln mußte, um Roberts Gesicht zu sehen.

Robert schlug den Ton von jemand an, der einem Kind das Offensichtliche erklärt. »Mein Vater und sein Vater hatten ein klares Selbstverständnis. Sie waren Männer, und sie waren stolz auf ihr Geschlecht. Auch von den Frauen wurden sie verstanden.



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